Geschichte der Oberhessischen Posauenchöre erschienen
Männer spielen nicht mehr die erste Posaune
Pfr. Hugo Schmitt hat Geschichte und Gegenwart der Bläser in Oberhessen zusammengetragen07.05.2014 mhart Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Pfr. Hugo Schmitt hat Geschichte und Gegenwart der Bläser in Oberhessen zusammengetragenVor allem klangen die Bläserchöre anders. Flügelhörner und Posaunen bestimmten das Bild und den Klang der frühen Bläserchöre. Heute sind viele Trompeten dabei. Den ersten Bläserchor gab es in Kleinlinden. Davon weiß der frühere Pfarrer Hugo Schmitt zu berichten, der in dem Gießener Ortsteil lebt. In einem Büchlein "Geschichte der Evangelischen Posauenchöre in Oberhessen" hat er jetzt Geschichte und Gegenwart der Bläserchöre in Oberhessen zusammengetragen.
Zunächst war Blasen war die Sache frommer Männer mit langen Bärten. Die christliche Erweckungsbewegung im 19. Jahrhundert bediente sich der Posaunen, um außerhalb der Kirchen gehört zu werden und zu missionieren. Übrigens, nicht gerne gesehen von kirchlicher und fürstlicher Obrigkeit, die Unruhestifter an den Instrumenten vermuteten und mit Verboten reagierten. Hugo Schmitt nennt das die „Mission der Stillen“, heute würde man vielleicht „Kirche von unten“ sagen. Allerorten entstanden Bläserchöre. Zu gemeinsamen Treffen, etwa zum Posaunenfest 1906 in Langgöns reiste man viele Kilometer an, meist zu Fuß. Denn die einfachen Leute in den Bläserchören hatten keine Pferde, Fuhrwerke oder Kutschen. Von der Amtskirche erfuhren sie lange keine Unterstützung. Viele Gemeinden allerdings freuten sich über diesen neuen musikalischen Stil. In den Chroniken fand Schmitt Berichte, dass sich die Bläser klammheimlich während mancher Gottesdienste auf die Empore schlichen, kräftig bliesen, dann aber vor Ende der Feier unerkannt verschwanden, um Ärger aus dem Weg zu gehen.
Heute sind Bläser "typisch evangelisch" und zum Merkmal der ganzen Kirche geworden, sagt der Propst für Oberhessen, Matthias Schmidt, der die Buchveröffentlichung unterstützt hat. Wo sich Kirchengemeinden versammeln und festlich eingestimmt werden, dürfen Bläserchöre nicht fehlen. Vor allem aber seien sie ein "Erlebnisraum", wo mitunter drei Generationen, Großväter mit Sohn und Enkelin, gemeinsam musizieren. Weil es das sonst nicht mehr gebe, habe das zur wachsenden Popularität dieses Zweigs der Kirchenmusik beigetragen, so der Propst. Trotz aller Institutionenverdrossenheit hat sich in den letzten 20 Jahren die Zahl der aktiven Bläser verdoppelt. Die Anziehungskraft von Bläserchören auf Kinder und Jugendliche erklärt Propst Schmidt mit gewachsener Sehnsucht nach musikalischer Bildung. Das Repertoire besteht nicht nur aus alten Chorälen. Die Bläserchöre haben sich längst der populären Musik geöffnet, weiß Hugo Schmitt. Nach dem Ende des Nationalsozialismus wurde Jazz auch bei kirchlichen Bläserchören beliebt. Heute reicht das Spektrum bis Rock und sogar Hip Hop.
Bläserchöre finden sich häufiger im ländlichen Raum, besonders im Alsfelder Land. Doch auch in und um Gießen gibt es eine rege Chorarbeit, berichtet Schmitt, der bis zum seinem Ruhestand Pfarrer in der Gießener Wicherngemeinde war. Wo im ländlichen Bereich Musikschulen fehlen, erfreuen sich die kirchlichen Bläser eines großen Zulaufs. Mehr über die Hälfte dieser oberhessischen Bläserchöre lernt man in dem Buch von Hugo Schmitt kennen. Die Geschichte der Oberhessischen Posaunenchöre kostet 8 Euro und ist über die Bläserchöre in den Gemeinden sowie in der Gießener ALPHA Buchhandlung und der Musikalienhandlung Schönau erhältlich.
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