Dekanat Gießen

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          Gesamtkirchengemeinde Gießen Nord

          Kirchlicher Stadtplan von Gießen hat sich verändert

          HartmannDie Gemeinden Paulus, Thomas und Michael (v.l.) haben eine Gesamtkirchengemeinde gebildet

          In Gießen haben sich am 1. Januar 2020 drei evangelische Kirchengemeinden zur neuen „Evangelischen Gesamtkirchengemeinde Gießen Nord“ zusammengeschlossen. Gebildet wurde sie aus den bisherigen Gemeinden Michael, Thomas und Paulus.

          Vieles bleibt beim Alten

          Für die Kirchenmitglieder im Gießener Norden bleibt praktisch alles beim Alten. Auf den ersten Blick verändert sich nur der Stadtplan, während die kirchliche Landschaft selbst unverändert bleibt. Die drei Kirchen bleiben als vertraute Gottesdienstorte erhalten, in denen getauft und getraut wird. Es handelt sich nicht um eine Fusion, die bisherigen Gemeinden werden rechtlich weiterbestehen. Doch stellen sie einen gemeinsamen Haushalt auf und werden bis zur nächsten Kirchenwahl 2021 von einem aus den drei Vorständen gebildeten knapp 30-köpfigen Gremium geleitet. Es entsteht eine Gemeinde mit über 7.000 Mitgliedern, davon mehr als die Hälfte aus Michael. Die Paulusgemeinde bringt 1.900, die Thomasgemeinde 1440 Seelen mit in die neue Verbindung.

          "Ändern, um sich neu zu öffnen"

          Dekan André Witte-Karp wies in der Predigt zum Festgottesdienst am Neujahrstag in der Pauluskirche darauf hin, dass die Kirche wie andere gesellschaftliche Zusammenschlüsse auch kleiner werde. Was in den "dynamischen Zeiten der 1960er und 1970er Jahre prägende Kraft hatte" verliere an Bedeutung. Der Aufschwung der Nachkriegsgesellschaft habe auch den Kirchen große Spielräume eröffnet, die sie mit dem Aufbau neuer Dienste genutzt habe, heute jedoch nicht mehr ausfüllen könne. "Die Gesellschaft ist vielfältiger geworden, die Lebensstile individueller, Menschen binden sich heute weniger dauerhaft an Parteien, Vereine, Kirchen. Dabei treten neue Abschottungen zu Tage, Konkurrenz- und Konfliktlinien verschärfen sich."
          In diesen Zeiten sei die Kirche herausgefordert, so Witte-Karp,  zu fragen: "Was ändern wir an unseren Formen und Strukturen, Orten und Räumen? Was ändern wir, um Menschen die befreiende und befriedende Botschaft Gottes in sich ändernden Zeiten offen zu halten und neu zu eröffnen?"

          "Gemeinsam mehr auf die Beine stellen"

          „Wir geben unseren Gemeinden damit eine neue Zukunft, denn wie lange könnten wir bei sinkenden Gemeindegliederzahlen noch als eigenständige Gemeinde überleben“, gibt der langjährige Kirchenvorstandsvorsitzende der Paulus-Gemeinde, Christoph von Weyhe, zu bedenken. Die Thomasgemeinde hätte auf lange Sicht keine ganze Pfarrstelle mehr bekommen. Peter Kubik, ebenfalls Kirchenvorsteher der Paulusgemeinde sieht die Chance „gemeinsam mehr auf die Beine stellen zu können als bisher“. Dabei hofft er, dass sich künftig Menschen aus den drei Gemeinden an den jeweiligen Angeboten und weniger an den Kirchtürmen orientieren.

          Erprobte Zusammenarbeit

          Schon seit längerem arbeiten die drei Kirchengemeinden eng zusammen. Die Konfirmanden werden zusammen unterrichtet, das Gemeindeleben spiegelt sich in einem gemeinsamen Gemeindebrief wider, in einem Chorprojekt vereinen sich Stimmen aus allen bisherigen Gemeinden und die Pfarrerinnen Iris Hartings, Carolin Kalbhenn, Rolf-P. Noormann und (derzeit noch) Dr. Gabriel Brand predigen mittlerweile auf allen drei Kanzeln. Um gewachsene Bindungen nicht aufzulösen bleiben die bekannten Gemeinden als „Seelsorgebezirke“ bestehen, in denen die bisherigen Pfarrer und Pfarrerinnen ansprechbar sind.

          Vernetzte Gemeindebüros

          Vernetzt werden sollen auch die Gemeindebüros in den kommenden Wochen, berichtet Georg Thelen, Kirchenvorsteher in Wieseck. Schließlich sind die Verwaltungsabläufe in allen Gemeinden gleich. Gemeindemitglieder suchen das Gemeindebüro in erster Linie auf, um eine Taufe oder eine Trauung anzumelden oder einen Bescheinigung zu erhalten. Da alles digitalisiert ist, können die Gemeindesekretärinnen von unterschiedlichen Orten auf die Daten zugreifen.

          Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau ermutigt benachbarte Kirchengemeinden dazu, stärker zusammenzuarbeiten. In sogenannten „Kooperationsräumen“ können Verwaltungsarbeiten in gemeinsamen Büros gebündelt und die gemeindeübergreifende Teamarbeit der Pfarrerinnen und Pfarrer gefördert werden. Außerdem können Gemeinden sich verbinden oder sogar miteinander fusionieren. Denn auf die Kirche kommen in den nächsten Jahren angesichts zurückgehender Mitgliedszahlen große Herausforderungen und Veränderungen zu.

          Historisch und bescheiden

          Die Michaelsgemeinde ist als historische Wiesecker Ortsgemeinde die älteste der drei Gemeinden. Die beiden Gießener Nordstadtgemeinden wurden 1958 (Paulus) und 1965 (Thomas) gegründet. Das versteckt liegende Thomaszentrum im Röderring wurde mit den es umgebenden Häusern auf den Feldern der benachbarten Wiesecker Bauern errichtet. Waren die Neugründungen einerseits Ausdruck der prosperierenden Stadt Gießen und des Aufschwungs der Nachkriegsgesellschaft, so war andererseits das unscheinbare Thomaszentrum ein Symbol demonstrativer Demut, der sich im ausgehenden 20. Jahrhundert bescheiden gebenden evangelischen Kirche. Keine Kirche mit Turm, die die anderen Häuser überragt, wurde gebaut, sondern ein Mehrzweckgebäude mit Gottesdienstraum und einem kleinen, separaten Glockenturm. Dass für Menschen im Gemeindebezirk die Kirche heute nicht mehr erkennbar oder gar leicht zu finden ist, steht auf einem anderen Blatt.

          "Konzentration der Strukturen"

          Pfarrerin Hartings ist erst seit einigen Monaten in Wieseck und spürt, dass die „Konzentration der Strukturen“ und die gemeinschaftliche Organisation dem kirchlichen Leben guttun. „So haben wir zu dritt gemeinsam mehr Raum für gute Arbeit und gleichzeitig Neues“. Im Verbund soll es gelingen, wieder ein vielfältigeres Angebot zum Beispiel in der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Senioren oder in der Kirchenmusik erreichen zu können. Dazu soll, so Paulus-Pfarrer Noormann, auch die „Schwerpunktsetzung“ unter den Seelsorgern beitragen, etwa in der Kinder-, Konfirmanden- und Jugendarbeit, bei der Arbeit mit den Senioren oder dem kirchlichen Engagement im sozialen Umfeld der Nordstadt. „Mit vier Kindertageseinrichtungen kann die neue Gemeinde auch bildungspolitisch stärker auftreten und Akzente im Gemeinwesen setzen“, betont Pfarrer Noormann. Die Kindertagesstätten arbeiten seit langem im Verbund von Kindertageseinrichtungen innerhalb des Evangelischen Dekanats zusammen.

          Neue Bewegung

          Schon im Vorfeld des Zusammenschlusses scheint Bewegung in die neue Gesamtkirchengemeinde gekommen zu sein. Jedenfalls registrieren Pfarrerinnen und Kirchenvorsteher, dass neue Wege in der gemeindlichen Landschaft erschlossen werden. „Ich sehe neuerdings Gesichter aus den anderen beiden Gemeinden“, berichtet die Wiesecker Pfarrerin Kalbhenn. Und manche Konfis besuchen dort Gottesdienste, vor denen sie länger ausschlafen können, ergänzt sie schmunzelnd. Für Jugendliche ist die Bindung an eine bestimmte Kirche nachrangig. Sie haben über ihre Schule oder Vereine Freundschaften, die gewissermaßen grenzenlos sind. Und so werden alle Konfirmanden im neuen Jahr in der Michaelskirche in Wieseck eingesegnet, während der vorausgehende Vorstellungsgottesdienst in der Pauluskirche gefeiert wird.

          Vorreiter und Ansporn für andere Gemeinden

          Für andere evangelische Gemeinden in und um Gießen könnten die Nordstadtgemeinden langfristig Vorreiter und Ansporn sein, die Zusammenarbeit mit den jeweiligen Nachbargemeinden zu verstärken. Denn diese Form der Zusammenarbeit ermöglicht es, neue Wege zu erproben, um Menschen kirchlich begleiten zu können, ohne alle traditionellen und vertrauten Angebote aufgeben zu müssen.

           

           

           

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