Dekanat Gießen

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          Gemeinsamer Flüchtlingsgipfel

          Kirchen fordern bessere Bedingungen für Flüchtlinge

          EKHN/RahnHat "Riesenrespekt" vor allen Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit: Limburger Sprach- und Kulturvermittlerin Negat Hassen auf dem evangelisch-katholischen Studientag.Hat "Riesenrespekt" vor allen Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit: Limburger Sprach- und Kulturvermittlerin Negat Hassen auf dem evangelisch-katholischen Studientag.

          Deutliches gemeinsames Bekenntnis: Gut 100 Vertreterinnen und Vertreter der Synode der EKHN und der Diözesanversammlung des Bistums Limburg eint ein Thema - die Sorge um die Not der Flüchtlinge. Die beiden Gremien forderten, eine "Willkommenskultur" durch eine handfeste "Willkommensstruktur" zu verwirklichen.

          Bildergalerie

          Flüchtlingsexperte Andreas Lipsch Kulturmittlerin Negat Hassen: Seit 20 Jahren in Deutschland Petros Habte: Odyssee durch Europa Andreas Lipsch, Petros Habte und Olaf Lewerenz im Gespräch (v.l.) Präsidentin Schillai und Präses Oelschläger gut gelaunt Kirchenpräsident Volker Jung, Synodalbüro-Leiterin Christiane Nothnagel und Flüchtlingsexperte Andreas Lipsch (v.l.) Kirchenpräsident Jung und Prälat Geis im Gottesdienst zum Studientag Kirchenpräsident Jung: "Gottes Willkommenkultur"umsetzen
          EKHN/RahnPräses Ulrich Oelschläger und Präsidentin Ingeborg Schillai auf dem gemeinsamen Studientag von Synode und Diözesanversammlung.Präses Ulrich Oelschläger und Präsidentin Ingeborg Schillai auf dem gemeinsamen Studientag von Synode und Diözesanversammlung.

          Zum ersten Mal haben sich Vertreterinnen und Vertreter der Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) und der Diözesanversammlung des Bistums Limburg zu einem gemeinsamen Studientag getroffen. Im Dominikanerkloster in Frankfurt befassten sich etwa 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer am 13. Juni mit Fragen der Flüchtlingspolitik und tauschten sich über den Aufbau einer Willkommenskultur für Flüchtlinge aus.

           

          Erklärung: Willkommenkultur stärken

          In einer gemeinsam verabschiedeten Erklärung fordern die Vorstände der Gremien der beiden Kirchen Verbesserungen der politischen Rahmenbedingungen sowie die Bereitstellung von weiteren finanziellen Mitteln für den systematischen Aufbau einer Willkommenskultur für Flüchtlinge in Hessen und Rheinland-Pfalz. Dabei erklärte der Präses der Kirchensynode der EKHN, Ulrich Oelschläger: "Bei der Hilfe für Flüchtlinge gibt es keine Trennung in evangelisch und katholisch". Die Präsidentin der Diözesanversammlung des Bistums Limburg, Ingeborg Schillai, sagte: "Was getan werden muss, muss gemeinsam getan werden". 

           

          Gesetze: Können von Menschen geändert werden 

          Und so beschlossen die Vorstände der Gremien eine Erklärung mit deutlichen Forderungen an die Politik: nicht nur von "Wilkommenskultur" sprechen, sondern auch die dafür notwendige "Willkommens-Struktur" schaffen. Zuletzt hatten das Bistum Limburg sowie die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau immerhin selbst insgesamt vier Millionen Euro zusätzlich in die eigene Flüchtlingsarbeit investiert. Bei dem Treffen kamen nun auch Flüchtlinge und Experten zu Wort und es zeigte sich, dass es bei den Strukturen noch erheblich hapert. So erzählte der Eriträer Petros Habte seine Geschichte von einer Odyssee quer durch Europa. In Ungarn wurde er Opfer von Skinheads, was ihm einen Zahn kostete. Schließlich landete er durch Schlepper in Deutschland und fand in der Frankfurter Gemeinde "Am Bügel" Kirchenasyl. Nach zwei Jahren in Deutschland hat der 20-jährige nun die Aufnahmeprüfung für die Realschule geschafft. Er fordert, die europäischen Asylregeln dringend zu überdenken: "Gesetze sind von Menschen gemacht. Sie können geändert werden."

           

          Hilfesuchende: Auf Augenhöhe behandeln 

          Die Limburger Sprach- und Kulturvermittlerin Negat Hassen kam von zwei Jahrzehnten aus Eritrea und hilft heute Menschen bei der Eingliederung in Deutschland. Sie hat einen "Riesenrespekt" vor allen, die sich in der Flüchtlingsarbeit ehrenamtlich engagieren. Es sei wichtig, "nicht nur über Flüchtlinge zu reden, sondern mit ihnen auf Augenhöhe." Der hessen-nassauische Migrationsexperte Andreas Lipsch stellte zudem die aktuellen Herausforderungen in der Flüchtlingshilfe dar. "Die Aufnahme und Integration einer steigenden Zahl von Flüchtlingen darf nicht länger im Notfallmodus erfolgen. Sie bedarf erheblicher öffentlicher Investitionen und muss als Teil einer armutsbekämpfenden Sozialpolitik begriffen werden", so Lipsch.

           

          Asylverfahren: Perspektiven für Menschen schaffen 

          In der gemeinsamen Erklärung richtet sich der Blick dann zunächst auf die Asylabwicklung: „Die Verfahren zur Zuerkennung eines gesicherten Aufenthaltsstatus sind zu unübersichtlich und langwierig“, heißt es in dem Papier. Sie seien oft Ausdruck des Misstrauens gegenüber den Menschen, die in Deutschland Schutz vor Gewalt und Verfolgung, vor Krieg und Repression, vor Hunger und Elend, vor Krankheit und Tod und eine neue Perspektive für ihr Leben suchen. „Die pauschale Unterscheidung von unsicheren und sogenannten sicheren Herkunftsstaaten ohne die individuelle Prüfung im Asylverfahren ist diskriminierend und darum abzulehnen“, so die Erklärung.

           

          Sprache: Kurse vom ersten Tag an 

          Die Vorstände von Synode und die Diözesanversammlung fordern zudem die Bereitstellung eines flächendeckenden Deutschsprachkursangebotes für Asylbewerber, das nicht an die Zuerkennung eines dauerhaften Aufenthaltstitels gebunden ist. Beklagt wird auch, dass besonders in den Ballungsgebieten bezahlbarer Wohnraum in viel zu geringem Umfang zur Verfügung stehe. Zudem dauere die Unterbringung in den kommunalen Erstunterkünften häufig deutlich länger als sechs Monate und es gehe wertvolle Zeit für die gelingende Integration verloren. „Eine dezentrale Unterbringung ist in jedem Fall zentralen Lagern vorzuziehen“, betont die gemeinsame Erklärung.

           

          Kinder: Bildung vermitteln

          Ausdrücklich wollen sich die Diözesanversammlung und die Synode der EKHN auch für das Recht auf Bildung von allen Kindern und Jugendlichen von Flüchtlingen einsetzen. Oft stünden die dafür notwendigen Plätze nicht zur Verfügung und die Personalausstattung entspreche nicht den Anforderungen im Blick auf den Spracherwerb und die Situation der zum Teil schwer traumatisierten Flüchtlingskinder. „Benötigt werden verlässliche und bedarfsgerechte schulische Angebote für junge Neu-Zuwanderer und Flüchtlinge zwischen 16 und 27 Jahren“, fordert die Erklärung. Dazu gehöre die Festschreibung eines Schulbesuchsrechts nach Beendigung der verlängerten Vollzeitschulpflicht oder der Berufsschulpflicht bis zu einem Alter von 27 Jahren.

           

          Beruf: Qualifikationen anerkennen

          Viele Flüchtlinge haben berufliche Qualifikationen und seien in der Lage ihren Lebensunterhalt aus eigener Kraft zu sichern. Andere haben den Wunsch, eine Ausbildung machen zu können oder ihre in der Heimat begonnene Ausbildung abzuschließen. „Die Berechtigung zur Aufnahme einer Arbeit oder einer Ausbildung wird durch besondere Regelungen erschwert. Flüchtlinge und potentielle Arbeitgeber müssen von den zuständigen Stellen entsprechend beraten und unterstützt werden. Die Anerkennung von Abschlüssen muss zügiger erfolgen“, so die Erklärung.

           

          Flüchtlingsarbeit: Gesamtkonzept entwickeln   

          Mit Blick auf die absehbar weiterhin hohen Flüchtlingszahlen plädieren Synode und Diözesanversammlung dafür, ein Gesamtkonzept für die Aufnahme, Unterbringung, Begleitung und Beratung von Flüchtlingen mit verbindlichen Standards und einem besseren Schlüssel für die Flüchtlingsbetreuung in den Landkreisen zu entwickeln. Besondere Anerkennung verdient nach Auffassung der Mandatsträger das große Verantwortungsbewusstsein, das Kirchengemeinden zeigen, wenn sie sich in Ausnahmefällen dafür entscheiden, Flüchtlingen Kirchenasyl zu gewähren. Damit werde Zeit gewonnen, um die Situation der Flüchtlinge angemessen zu prüfen. Kirchenasyl finde jedoch nicht in einem rechtsfreien Raum statt, sondern stärke die Humanität des Rechtsstaates. „Wir appellieren deshalb an die verantwortlichen Politiker, sich für die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Flüchtlinge in Deutschland einzusetzen.

           

          Finanzen: Kommunen und Städte unterstützen

          Wir fordern die Bereitstellung ausreichender Finanzmittel für die Landkreise und Kommunen, damit eine möglichst freundliche Aufnahme der Flüchtlinge möglich wird“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung. Alle Kirchenmitglieder werden gebeten, sich in diesem Sinne an die Abgeordneten in den Landtagen und im Bundestag zu wenden. Schließlich plädierten die Vertreter auch dafür, die zivile Seenotrettung im Mittelmeer zu verstärken, gefahrenfreie Wege für Flüchtlinge nach Europa zu eröffnen sowie es möglich zu machen, sich innerhalb der EU frei zu bewegen und Ausbildungs- und Arbeitsplätze suchen zu dürfen.

           

          Kirchenpräsident im Gottesdienst: Offen bleiben für andere

          Der gemeinsame Studientag der Synode der EKHN und der Diözesanversammlung des Bistums Limburg begann mit einem ökumenischen Gottesdienst mit Kirchenpräsident  Volker Jung und Prälat Günther Geis, Ständiger Beauftragter für den synodalen Bereich im Bistum Limburg, in der Heiliggeistkirche. Jung warb in der Feier dafür, für die Herausforderungen in der Gesellschaft offen zu bleiben. Menschen stünden immer wieder in der Gefahr „sich an den eigenen Besitz zu verlieren“ und sich „dabei vor Gott zu verschließen“. Es könne jedoch eine „wunderbare Erfahrung“ sein, Gottes Einladung anzunehmen, mit ihm gemeinsam an einem Tisch zu sitzen. Diese Offerte für das „Reich Gottes“, die im Zentrum vieler biblischer Erzählungen stehe, gilt nach Ansicht Jungs nicht am „Ende aller Tage“, sondern schon „hier und jetzt“. Er bezeichnete dies als eine „besondere Willkommenskultur Gottes“, die auch Auswirkungen für die menschliche Willkommenskultur etwa für Flüchtlinge haben müsse, so Jung.

           

          Hintergrund

          Bei den gemeinsamen Beratungen von Diözesanversammlung und Kirchensynode hatten sich die rund 100 Delegierten aus beiden Kirchen ein aktuelles Bild über die Situation der Flüchtlinge im Gebiet des Bistums Limburg und der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau verschafft sowie sich gegenseitig über Hilfsprojekte ausgetauscht. Darüber hinaus wurde in Vorträgen und Gesprächen mit Betroffenen thematisiert, wie Flüchtlinge noch besser unterstützt werden können. Zudem gab es Arbeitsgruppen etwa zur Weiterbildung Ehrenamtlicher in der Flüchtlingsbetreuung oder zu Fragen des Kirchenasyls. Als Gäste waren auch Mitglieder der Synode der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck in Frankfurt eingeladen. 

           

          Internet 
          Mehr Informationen zur Flüchtlingsarbeit der katholischen und evangelischen Kirche im Internet: 
          www.fluechtlingsarbeit.bistumlimburg.de 
          www.ekhn.de/fluechtlinge

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