Pfarrer Johannes Krug
Kirche, die zu den Menschen geht
HartmannPfarrer Johannes Krug28.01.2025 mhart Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
HartmannPfarrer Johannes KrugKrug, der aus einer Pfarrerfamilie stammt, hat viel Erfahrungen im Ausland gesammelt. Nach dem Abitur in Bayreuth leistet er zunächst einen einjährigen Freiwilligendienst in Costa Rica, später verbrachte er ein Studienjahr in Bolivien. In Mittel- und Südamerika ist er von den Ideen der Befreiungstheologie berührt worden und bis heute vom Gedanken motiviert, dass die Kirche vor allem eine Kirche der Ausgegrenzten ist und innerhalb der Gesellschaft ihre Stimme erheben sollte. „Wenn ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit“, beruft er sich auf Apostel Paulus, den wichtigen jüdischen Denker im 1. Jahrhundert. „In Costa Rica, bei einer kleinen lutherischen Kirche, die in den Armenvierteln aktiv war und aus Mitgliedern der indigenen Bevölkerung und Geflüchteten aus Nicaragua besteht, habe ich erlebt, dass sich die Kirche nicht auf die Seite der Mächtigen und Reichen stellt.“ Nach dem 1. Examen hat er in der Pflege bei der Betreuung behinderter Menschen mitgearbeitet. Krug lebt in Marburg mit Partnerin und seiner 9-jährigen Tochter. Nach Großen-Linden, Leihgestern oder Lang-Göns pendelt er mit der Bahn und dem öffentlichen Nahverkehr.
Zusammenarbeit mit Menschen anderer Konfessionen oder anderen Glaubens
Johannes Krug weiß, dass die Kirche mit ihren traditionellen Angeboten für zunehmend weniger Menschen bedeutsam ist. Dem „Bedeutungsverlust, den die Kirche erlebt“, setzt er die „Sozialraumorientierung“ entgegen. Er sieht die Aufgabe der Kirche in der Gesellschaft, in der sie mit anderen nicht-staatlichen Organisationen für das Gemeinwohl wirkt. Dazu gehört auch die intensive Zusammenarbeit mit Christen und Christinnen anderer Konfessionen oder Menschen anderen Glaubens. Johannes Krug kann sich vorstellen, dass „es in 20 oder 30 Jahren vor allem gemeinsame ökumenische Zentren verschiedener Konfessionen“ gibt.
Schon in Watzenborn-Steinberg hat er mit der dortigen katholischen Pastoralreferentin gut zusammengearbeitet und solche Ideen diskutiert. Gemeinsam mit anderen kirchlichen und nicht-kirchlichen Gruppen initiierten sie die Winteraktion „Wärme teilen“. In den Wintermonaten kommen Menschen wöchentlich zusammen und teilen bei einem Teller Suppe, was sie beschäftigt und lernen neue Menschen kennen. Auch darin sieht sich Krug vom Apostel Paulus beauftragt: „Sind andere Menschen glücklich, dann freut euch mit ihnen. Sind sie traurig, dann begleitet sie in ihrem Kummer.“
Der Pfarrer rückt das Soziale in den Mittelpunkt
Krug predigt gerne und rückt dabei das Soziale in den Mittelpunkt. Selbst im Kleinen möchte er gerne politisch wirken. Er redet mit Konfirmanden und Konfirmandinnen darüber, „unter welchen sozialen Bedingungen der Kakao, den wir alle als Schokolade so gerne essen, in Afrika oder Südamerika angebaut wird“. Oder er ermutigt Menschen, an der Demonstration gegen Rechtsruck am 8. Februar in Gießen teilzunehmen. Die großen sozialen Zukunftsfragen könnten nicht durch mehr Abschottung, sondern nur durch mehr Demokratisierung beantwortet werden, z.B. auf dem Wohnungsmarkt oder der Einführung einer Vermögenssteuer, sagt Krug. „Migration gehört in Gießen und anderswo zur Realität und hält die Gesellschaft am Laufen, da verdienen wir etwas anderes als die rassistische Stimmungsmache von AfD & Co.“.
Für die Rechte Geflüchteter
Wichtig ist ihm, sich für die Rechte von Geflüchteten einsetzen. Im Evangelischen Dekanat Gießen sieht er mit der Beratung für Asylsuchende oder mit dem Kirchenasyl ein für ihn gutes und interessantes Umfeld. Wie er in der Gemeindearbeit praktisch gestalten kann, was ihn beschäftigt, wird er in den nächsten Monaten zusammen mit den Kirchengemeinden herausfinden. In Großen-Linden bietet die Flüchtlingshilfe mit Unterstützung der Evangelischen Kirche Integrationshilfen, Beratung und Geselligkeit, Deutschkurse und eine Fahrradwerkstatt an.
Dem neuen Pfarrer schwebt eine Kirche vor, die zu den Menschen geht und nicht mehr darauf wartet, dass die den Einladungen folgen. Ihn fasziniert das Experiment des Coffee-Bikes einer Kirchengemeinde aus Mainz. Die hat eine Bar auf ein elektrisches Lastenfahrrad montiert. Damit fahren Mitarbeiterinnen der Gemeinde auf Spielplätze und öffentliche Plätze. „Zu den Menschen gehen, um ins Gespräch zu kommen über Gott und die Welt, und um auf das zu hören, was Menschen über Kirche denken und von ihr erwarten“, das soll seine Arbeit prägen.
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