Dekanat Gießen

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          Interview

          "Die Osterbotschaft ermutigt zur Hoffnung"

          HartmannPfarrer André Witte-Karp, Dekan des Evangelischen Dekanats Gießen

          Die Journalistin Christine Steines hat Dekan André Witte-Karp dazu befragt, wie die Kirche in der jetzigen Situation Halt geben und Trost spenden kann. Das Interview erscheint in der "Gießener Allgemeinen".

          In diesem Jahr können nach zwei Jahren Pandemie wieder Ostergottesdienste stattfinden. Das ist ein gutes Signal nach der langen Zeit voller Ängste. Gleichzeitig sind die Sorgen vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine noch nie so groß gewesen wie jetzt. Welche Botschaft hat die Kirche Ostern 2022?

          Herr Witte-Karp, Gemeinschaft, die Rückkehr zu lieb gewordenen Ritualen, aber auch der Mut zu neuen Wegen sind in diesen Tagen offenbar besonders wichtig.

          Ostern wird in den evangelischen Kirchen in und um Gießen in diesem Jahr in aller Vielfalt gefeiert. An manchen Orten gibt es Osterwege. Sie lassen die Ostergeschichte bei einem Gang von Station zu Station lebendig werden.

          Am Gründonnerstag wird gemeinsam Abendmahl gefeiert. An manchen Orten finden diese Gottesdienste in besonderer Form statt: Als Erinnerungsfeier mit Grüne-Soße-Essen oder als Gottesdienst am Lagerfeuer.

          Am Karfreitag, dem Todestag Jesu, gibt es nachdenkliche Gottesdienste, musikalische Andachten und Konzerte. Auf einem Pilgerweg geht es hinauf zum Dünsberg. Die Osternächte führen dann von der Dunkelheit der Nacht in das Licht des Ostermorgens. Auch die Ostereiersuche kann nicht nur zuhause stattfinden, sondern gemeinsam mit anderen in vielen fröhlichen Familiengottesdiensten. Was für eine Lebenshaltung aus Ostern entspringt, darum geht es in den Gottesdiensten am Ostermontag. In den nächsten Tagen wird also eine Menge an Gemeinschaft und Stärkung, an Halt und Hoffnung erfahrbar sein!

          "So feiert Ostern die Hoffnung, wo todbringende Gewalt zu siegen scheint."

          Wie sieht Ihre persönliche Osterbotschaft aus?

          Die Osterbotschaft ermutigt zur Hoffnung. Gerade weil sie alles andere als naiv ist. Sie tröstet, aber vertröstet nicht. Sie mutet zu, hinzuschauen: Jesus wird misshandelt und brutal ans Kreuz geschlagen. Gott geht mitten hinein in das Leid. Er setzt sich der Gewalt aus und dem Tod. Alles scheint aus und vorbei zu sein. Doch dann bekommen wir es mit der Kraft der Auferstehung zu tun. Ich halte mich daran fest: Auch wenn es noch kaum zu glauben ist, am Horizont scheint das Leben auf, das stärker ist als alle Brutalität und alles Leid. So feiert Ostern die Hoffnung, wo todbringende Gewalt zu siegen scheint.

          Ostern ist durch den Tod Jesu ein Fest der Trauer, aber durch die Auferstehung wird diese abgelöst durch Freude und Hoffnung. Wie kann man die Botschaft auf die aktuelle Situation, also die schrecklichen Kriegsereignisse in der Ukraine, übertragen? 

          Präsident Putin und das russische Regime zerstören das Leben und die Lebensgrundlagen unzähliger Menschen in der Ukraine. Sie führen einen Krieg gegen die Freiheit und die Werte Europas. Für mich heißt Ostern angesichts des Krieges: Gott ist auf der Seite der Leidtragenden und der Opfer. Die Gewaltherrscher dieser Welt, die den Tod heraufbeschwören, werden nicht das letzte Wort haben. Ich glaube daran, dass Gott geschundene Menschen ins Recht setzen wird.

          "Beten heißt, wirklich fassungslos sein zu dürfen"

          Schon vor Kriegsbeginn haben Pfarrer:innen und ehrenamtlich Laien mit den Friedensgebeten in der Johanneskirche begonnen. Jeden Tag kommen hier Menschen zusammen, um gemeinsam inne zu halten. Wie ist die Stimmung und Atmosphäre dabei, hat sich beides im Verlauf der Wochen verändert?

          Die Friedensgebete sind gestartet, als wir noch hofften, Putin würde nicht mit den zusammengezogenen Truppen in die Ukraine einmarschieren. Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt.

          In den ersten Tagen des Krieges stand unsere Ohnmacht im Mittelpunkt. Beten hieß, nicht zu verstummen. Mit jedem Tag des Krieges wurden wir fassungsloser. Und wir fürchten, dass wir das Schlimmste noch nicht berichtet und erzählt bekommen haben. Vielleicht hat es sich dahin verändert: Beten heißt, wirklich fassungslos sein zu dürfen und zugleich Kraft zu suchen für unsere Solidarität in Worten und Taten. Und nicht zuletzt ringen Betende ja auch mit Gott selbst.

          Friedensgebete gibt es übrigens nicht nur in der Johanneskirche, sondern in vielen Kirchen in und um Gießen. Auch das Glockengeläut um 12 Uhr ruft auf innezuhalten und mich nicht langsam an die Schrecken dieses Krieges zu gewöhnen.

          Auch wenn es zynisch klingt: Sind Pandemie und Krieg eine Chance für die Kirchen? Kommt es zu einer Rückbesinnung auf christliche Werte? Brauchen Menschen jetzt mehr denn je einen spirituellen Halt? 

          Es geht nicht darum, was der Kirche dient. Es geht darum, was Menschen dient. Und da hilft der Halt, den der Glauben gibt, tatsächlich weiter. Der Glaube, der von Ostern herkommt, führt dich zu einer Haltung des Mitgefühls und der Verantwortung. Wenn dein Gott ein Gott ist, der den Tod überwindet, wirst du deinem Mitmenschen zum Leben helfen und ihn nicht dem Tod preisgeben.

          Welche Angebote machen die Gemeinden den Geflüchteten aus der Ukraine?

          Die Gemeinden sammeln und vermitteln Spenden, heißen Geflüchtete willkommen und öffnen ihre Häuser. Ich kann hier nur einige Beispiele nennen. Die Kirchengemeinde in Kleinlinden etwa bietet einen regelmäßigen Treff für Geflüchtete an. Hier können sich Menschen vernetzen und stärken und wir bekommen mit, was jetzt wirklich gebraucht wird.

          In den Gemeinden in Gießen-Ost wird es einen Sprachkurs für Geflüchtete geben. In Lang-Göns hat die Kirchengemeinde ihr leerstehendes Pfarrhaus mit vereinten Kräften von heute auf morgen für Geflüchtete hergerichtet und möbliert.

          Auch in der Gemeinde Gießen Nord finden Geflüchtete Zuflucht in einer Pfarrwohnung und  Pfarrerin Iris Hartings hat Menschen bei sich im Wiesecker Pfarrhaus  aufgenommen. Die Gemeinde hat auch eine digitale Tauschbörse organisiert.

          Auch Kindern und Jugendlichen ist es wichtig, etwas beizutragen.

          Die Junge Kirche hat in den ersten Kriegstagen mit GAiN eine Spendenaktion auf die Beine gestellt, bei der uns die Resonanz überwältigt hat. Hier haben sich viele engagiert, besonders auch die Kinder und die Familien unserer Kita Fuchsbau in Fellingshausen. Jetzt startet die Junge Kirche ihre nächste große Aktion. Dieses Mal gilt das Engagement der Gießener Tafel, die dringend Unterstützung braucht. Das ist für mich auch ein wichtiges Zeichen dafür, dass unsere Hilfe allen gilt.

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