Dekanatssynode befasste sich mit AfD und Kirchenasyl
Hartmann
23.09.2025
mhart
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Vor den Vertretern der Kirchengemeinde und kirchlichen Einrichtungen in und um Gießen sagte Schulze-Velmede auch, dass der Dekanatsvorstand über Entscheidungskriterien für den Fall berate, dass AfD-Mitglieder oder Funktionsträger dieser Partei kirchliche Funktionen übernehmen wollen. Gesamtgesellschaftlich beobachte er, „dass es in der politischen Auseinandersetzung nicht in ausreichender Weise gelingt, eine sachliche und am Gemeinwohl orientierte Diskussion zu führen“.
Bald nur noch sechs Gesamtkirchengemeinden in und um Gießen
Der Dekanatsvorsitzende berichtete, dass es 2027 im Dekanat nur noch sechs Gesamtkirchengemeinden geben werde. Damit sei die gesamtkirchlich beschlossene Umgestaltung kirchlicher Strukturen vor dem Hintergrund geringer werdender Mittel und sinkender Mitgliederzahlen sehr gut vorangekommen. Zum 1. Januar 2026 werden die Gemeinden in Heuchelheim und in Biebertal die Gesamtkirchengemeinde „An Bieber und Dünsberg“ bilden. Außerdem schließen sich Gemeinden in Pohlheim und Fernwald zur Gesamtkirchengemeinde „Am Schiffenberg“ zusammen. Und die Gemeinden Gießen Mitte, Allendorf-Kleinlinden und Johannes werden zur neuen Evangelischen Philippusgemeinde Gießen.
Neue Kinder- und Familienzentren
Schulze-Velmede informierte die Gemeindevertreter über das neue Kinder- und Familienzentrum Paulus in der Nordstadt sowie das geplante Zentrum für ein kirchliches Kita- und Familienzentrum mit integriertem Gemeinderaum und Wohnung an der Stelle des bisherigen Andreas-Gemeindezentrums. Dieses Engagement sei beispielhaft für die Angebote der Kirche für alle Menschen im Gemeinwesen. Der Dekanatsvorsitzende wies auf die „sehr gute Zusammenarbeit“ zwischen Kirche und der Stadt Gießen hin. Zugleich wies er auf den mühsamen und reibungsreichen Prozess und die Auseinandersetzungen bei der Trägerschaft von Kitas in Biebertal hin. Vier Einrichtungen verbleiben nach jahrelangen Verhandlungen bei der Kirche. Doch, so der Dekanatsvorsitzende, „trotzdem habe die Biebertaler Bürgermeisterin die neuen Betriebsverträge immer noch nicht unterschrieben“.
Informationen zum Kirchenasyl
Pfarrer Andreas Lipsch (Frankfurt), Leiter der Abteilung Flucht und Migration der Diakonie Hessen und Interkultureller Beauftragter der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, berichtete den Kirchenvertretern über das „Kirchenasyl“. Damit wird die vorübergehende Aufnahme von Geflüchteten durch eine Kirchengemeinde bezeichnet, um sie vor einer als gefährlich eingeschätzten Abschiebung zu schützen und eine erneute, sorgfältige Überprüfung ihres Asylverfahrens zu ermöglichen. Über jeden einzelnen Fall, so Lipsch, seien staatliche Stellen informiert. Derzeit gebe es in Hessen rund 30 Kirchenasyle. Im gesamten Jahr 2024 gab es 163 Kirchenasyle mit 174 Erwachsenen und 25 Kindern. Auch das Evangelische Dekanat Gießen, die Propstei Oberhessen sowie einzelne Gemeinden stellen Räumlichkeiten für das Kirchenasyl in der Regel für längstens 6 Monate zu Verfügung.
Lipsch trat Befürchtungen entgegen, der Staat werde diese Praxis nicht mehr lange dulden und Kirchenasyle durch die Polizei räumen lassen. Allerdings nehme er wahr, dass mit neuen Gesetzen und Durchführungsvorschriften entsprechende Prüfungsverfahren verlängert und verschleppt werden, um die Praxis des Kirchenasyls auszutrocknen. Lipsch bezeichnete „Kirchenasyl als zivilen Menschenrechtsgehorsam“, das sich aus dem Grundgesetz rechtfertigt. Wenn der staatliche Rechtsvollzug offenbar Grund- und Menschenrechten widerspricht, „braucht es zeugnishaftes Handeln für die Unantastbarkeit der Menschenwürde, die Verbindlichkeit der Menschenrechte und einen Rechtsstaat, der sich daran messen lassen muss“.
Kirchliche Asylverfahrensberatung in Gießen
In der in Gießen und Friedberg ansässigen hessischen Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge (EAEH) arbeiten fünf kirchliche Asylverfahrensberaterinnen. Zwei von ihnen, Nour Ben Ali und Kristina Pröstler, schilderten ihre Arbeit. Die Asylverfahrensberatung wird finanziert aus Mitteln des Bundesministeriums des Innern sowie aus kirchlichen Eigenmitteln. Die Beratung ist aber unabhängig und orientiert sich an den Bedürfnissen Geflüchteter.
Dazu gehört es, mitgebrachte Dokumente zu sichten und deren Inhalt zu erklären. Die Beraterinnen besprechen mit den Geflüchteten, was sie bei den Behörden erwartet, welche Strukturen und Anforderungen es gibt. Sie erfahren, wie ihr Asylverfahren genau funktioniert und welche Perspektiven ihnen das deutsche und europäische Asylsystem eröffnet. Die Beraterinnen bereiten die Geflüchteten auf Termine vor, wie z.B. auf die Anhörung des Bundesamtes und schauen, was die geflüchteten Menschen darüber hinaus brauchen und recherchieren bei Bedarf weitere Hilfen in ihren Netzwerken. Auch wenn Geflüchtete nach einer Ablehnung nicht wissen, wie es weitergeht, können die Beraterinnen gemeinsam mit ihnen die Situation und schauen, ob es weitere Möglichkeiten für sie gibt.
Außerdem bietet Zena El-Jaaran für das Evangelische Dekanat Bildungs- und Freizeitmöglichkeiten für Geflüchtete an, um deren Situation während der Zeit der Unterbringung in der EAEH zu erleichtern und ihre Integration zu ermöglichen.
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